Monsieur Becker

Geografie

Armut für beendet errechnen

Sonntag, 27. September 2015

Das erste der acht im Jahr 2000 formulierten Millenium-Entwicklungsziele (Millenium Development Goals, MDG) war, die Armut zu halbieren. Als arm gilt, wem weniger als 1,25 $ pro Tag zur Verfügung stehen.

Tatsächlich war die Weltgemeinschaft in ihren Bemühungen ziemlich erfolgreich: Während im Jahr 1990 noch fast 2 Milliarden Menschen in den Entwicklungsländern arm waren, dies entsprach 47 % der dortigen Bevölkerung, sind es diesem Jahr nur noch 14 %, durch die Bevölkerungszunahme in den 25 Jahren allerdings weiterhin 836 Millionen Menschen (Quelle). Vor dem Millenium nahm die Zahl der Armen übrigens nur langsam ab, erst ab dem Jahr 2000 ist sie signifikant gesunken.

In diesem Jahr sollen die MDGs durch die SDGs abgelöst werden, durch die Ziele nachhaltiger Entwicklung (Sustainable Development Goals). Das erste der 17 Ziele ist, die Armut innerhalb der kommenden 15 Jahre zu beenden (Quelle). Im Jahr 2030 soll niemand mehr in Armut leben, kein Mensch soll weniger als 1,25 $ pro Tag haben.

Doch, was sind 1,25 $ im Jahr 2030 noch wert?

Schaut man sich die Inflationsraten von 2004 bis 2014 an, die zwischen 2,8 % und 6,42 % schwanken (Quelle), so ergibt sich eine durchschnittliche Inflationsrate von 4,21 %. Angenommen, dieser Durchschnitt gälte auch für die kommenden 15 Jahre, so müssten einem im Jahr 2030 tatsächlich 2,32 $ pro Tag zur Verfügung stehen, damit man sich die gleiche Dinge leisten kann wie heute für 1,25 $.

Bezieht man die Inflation ab 1990 ein, als man auch weniger als 1,25 $ pro Tag haben musste, um arm zu sein, wird die Situation noch prekärer. Laut UNICEF-Angaben lag die jährliche Inflationsrate im Zeitraum von 1990 bis 2011 durchschnittlich bei 8 %. Nimmt man für die folgenden 3 Jahre die Werte von Statista, so müsste heute jeder als arm gelten, der keine 7,35 $ (6,56 €) pro Tag hat. Das werden global betrachtet weit mehr als nur 836 Millionen Menschen sein. Projeziert man die o. g. jährliche Inflationsrate von 4,21 % in die Zukunft, so dürften im Jahr 2030 niemandem weniger als 13,64 $ zur Verfügung stehen, um das Ziel zu erreichen, Armut zu beenden.

Interessant ist auch die Überlegung, wie viel 1,25 $ aus dem Jahr 2030 heute wert sind: Unter den genannten Bedingungen müsste man in diesem Jahr täglich lediglich 0,67 $ (0,60 €) haben, im Jahr 1990 wären es noch nicht einmal 0,12 $ gewesen.

Wie schön, dass einem beim Kampf gegen die Armut die Inflation behilflich ist.