Einführung eines Lernmittelfonds
An meiner Schule wurde zum Schuljahr 2016/17 ein Lernmittelfonds eingeführt. In diesem Beitrag möchte ich erklären, wie wir bei der Einführung vorgegangen sind.
Was ist ein Lernmittelfonds?
In Berlin müssen alle Schüler*innen pro Schuljahr bis zu 100 € Eigenanteil für Schulbücher ausgeben. Jede Schule erstellt für jeden Jahrgang eine so genannte Bücherliste, auf der alle Bücher und Arbeitshefte (wie Workbook und Cahier/Carnet d’activités) aufgeführt sind, die von den 100 € gekauft werden müssen.
Das Berliner Schulgesetz gestattet den Schulen, einen Lernmittelfonds einzurichten (§ 50 Abs. 2 SchulG). Dieser bietet die Möglichkeit, die Kosten für die Eltern zu senken: Sie zahlen eine Summe an die Schule, dafür erhält ihr Kind alle Medien aus der Bücherliste von der Schule. Während Arbeitshefte behalten werden können, sie sind ja benutzt, müssen die Bücher wieder zurückgegeben werden. Sie können die nächsten Jahre wiederverwendet werden.
Im Allgemeinen beträgt der Lernmittelfondsbeitrag zwischen 60 € und 70 €. Am Anfang, bei der Einführung des Lernmittelfonds, ist er meist höher als zu einem späteren Zeitpunkt, wenn die Schule auf vorhandene Bestände zurückgreifen kann.
Zu Beginn muss die Schule aus ihren eigenen Finanzmitteln dem Lernmittelfonds unter die Arme greifen, denn auch wenn Schulen bei der Bestellung von Schulbüchern einen Rabatt erhalten (12 %, § 7 Abs. 3 Buchpreisbindungsgesetz), decken die Beiträge nicht die Ausgaben. Je nachdem, wie viele Schüler*innen am Lernmittelfonds teilnehmen und welche Materialien auf der Bücherliste stehen, erwirtschaftet die Schule nach zwei bis drei Jahren einen Überschuss. Dieser wird ausschließlich für die Anschaffung weiterer Schulbücher und anderer Materialien genutzt, auch für Fächer, die nicht auf der Bücherliste stehen.
Vorbereitung
Finanzkonzept erstellen
Zuallererst muss ein Finanzkonzept erstellt werden. Es beinhaltet
- welche Medien im nächsten Jahr auf der Bücherliste stehen,
- wie viele dieser Bücherlistenmedien bereits in der Schule vorhanden und brauchbar sind,
- wie viele Bücherlistenmedien neu angeschafft werden müssen und was dies kosten wird,
- wie viele Schüler*innen von der Zahlung des Eigenanteils befreit sind (z. B. berlinPass).
Es ist sinnvoll, erst einmal davon auszugehen, dass alle Schüler*innen, die nicht von der Zahlung des Eigenanteils befreit sind (für diese muss die Schule eh alle Bücherlistenmedien anschaffen), am Lernmittelfonds teilnehmen, denn so ist das potenzielle Defizit am größten. Sodann muss abgeklärt werden, ob dieses Defizit mit den finanziellen Möglichkeiten der Schule tragbar ist.
In diesem Zusammenhang ist auch zu überlegen, ob der Lernmittelfonds
- für die gesamte Schule auf einen Schlag,
- für mehrere Klassen (z. B. die Sekundarstufe I) oder
- erst nur für eine Klassenstufe hochwachsend eingeführt wird.
Hierbei ist zu berücksichtigen, ob bestimmte Bücher »auslaufen« (etwa wenn das alte Englischlehrwerk von einem neuen abgelöst wird) oder aufgrund eines neuen Rahmenlehrplans ausgetauscht werden müssen.
Alle Akteure einbinden
Es ist sinnvoll, bei so vielen schulischen Gremien (z. B. Schulleitung, Schulkonferenz, Gesamtelternvertretung, Gesamtlehrerkonfernz, Fachverantwortlichensitzung) wie möglich für die Einführung eines Lernmittelfonds zu werben und dass die relevanten schulischen Organe zustimmen. Ohne eine breite Akzeptanz ist eine Einführung nicht sinnstiftend.
Hier ist es sinnvoll, schon im Vorfeld mögliche Bedenkenträger konkret anzusprechen, sodass Gegenargumente durchdacht und bei der Präsentation vor dem jeweiligen Gremium berücksichtigt werden können.
Bibliothek fit machen
Im Zusammenhang mit der Einführung des Lernmittelfonds wurde das Ausleihesystem der Schulbibliothek von einer Zettelwirtschaft in ein digitale Ausleihe per Strichcode und Handscanner überführt.
Diese Anschaffungen verursachen einmalige Kosten, Vorteile sind jedoch, dass
- die Ausleihe signifikant beschleunigt wird gegenüber der Zettelwirtschaft.
- jedes Medienexemplar seinen eigenen Code hat. Wer ein Buch nicht mehr findet, kann nun nicht einfach das Buch des Nachbarn nehmen, sondern muss sein eigenes Exemplar zurückgeben.
Lernmittelfondskonto einrichten
Der Zahlungsverkehr beim Lernmittelfonds sollte ausschließlich unbar stattfinden, damit alle Zahlungsvorgänge transparent nachvollziehbar sind. Der Bezirk Treptow-Köpenick gibt beispielsweise vor, für einen Lernmittelfonds ein Geschäftskonto bei der Postbank zu führen; es fallen monatliche Grundgebühren sowie einige Cent je Buchung an, jedoch ein bestimmter Mindestbuchungsbetrag pro Monat.
Von Konten der Fördervereine und insbesondere Privatkonten ist dringend Abstand zu nehmen.
Einführung
Termine festlegen
Sobald die Einführung des Lernmittelfonds beschlossen ist, müssen Termine festgelegt werden. Bei der Wahl der Anmelde- und Zahlungsfrist ist zu bedenken, dass
- bis dahin die Bücherlisten veröffentlicht sind,
- der erste Elternabend für die neuen 7. Klassen stattgefunden hat,
- Zahlungen eventuell etwas verzögert eintreffen können,
- noch genug Zeitraum besteht, die Zahlungen zu überprüfen und die Bestellungen vor den Ferien auszulösen.
Umfassend informieren
Für eine möglichst reibungslose Einführung des Lernmittelfonds ist eine umfassende Information wichtig:
- Alle Eltern erhalten einen Flyer mit Informationen, den Antworten auf häufig gestellte Fragen und dem Rückmeldebogen. Alle sollen den Rückmeldebogen ausfüllen, auch jene, die sich gegen einen Lernmittelfonds entscheiden. Der Flyer wird über die Klassenleitung an jedes Kind, über die Schulwebsite per Download sowie per E-Mail über die Gesamtelternvertretung zugänglich gemacht.
- Alle Klassenlehrerinnen und -lehrer erhalten die Flyer, die sie an die Schüler*innen ausgeben. Sie sammeln auch den Rückmeldezettel ein. Dies ist ohne Frage eine Mehrbelastung für die Kolleginnen und Kollegen, daher sollte man im Vorfeld überlegen, wie ihnen diese Arbeit möglichst erleichtert werden kann. Eine Möglichkeit ist das Bereitstellen von »Hat den Rückmeldezettel abgegeben«-Abhakliste.
- Auch die Kolleginnen und Kollegen müssen über die Funktionsweise eines Lernmittelfonds sowie die Ziele informiert werden, sodass sie Bescheid wissen.
Listen über Listen
Sind alle informiert und die Informations-/Anmelde-Flyer verteilt, trudeln alsbald die Rückmeldebögen ein. Hier lohnt es sich, einen aktuellen elektronischen Datensatz mit Namen und Klassenzugehörigkeit der Schüler*innen zu besorgen. In die Exceltabelle wird nun eingetragen, wer im nächsten Schuljahr für den Lernmittelfonds angemeldet ist, wer einen berlinPass hat oder wer sich gegen den Lernmittelfonds entscheidet. Mit der Zahlungsfrist werden dann die Eingänge auf dem Lernmittelfondskonto überprüft und in die Tabelle eingetragen.
Bestellung vornehmen
Mithilfe von Formeln in Excel kann man automatisch auswerten, wie viele Schüler*innen der einzelnen Jahrgänge am Lernmittelfonds teilnehmen und auf dieser Grundlage die Bestellungen vornehmen. Es ist überlegenswert, eine zusätzliche Reserve (etwa fünf Exemplare je Medium) zu bestellen, falls jemand bei den Anmeldungen bzw. Zahlungen durchgerutscht sein sollte, doch einen berlinPass haben sollte oder neu an die Schule kommt.
Mit dem Bücherlieferdienst ist abzusprechen, wann die Bücher geliefert werden. Hier ist zu bedenken, dass insbesondere mit der Einführung des Lernmittelfonds eine sehr große Menge an Büchern eintrifft, die mit einem Schulstempel sowie einem Barcode versehen werden müssen. Dies ist ein nicht zu unterschätzender Zeit- und Arbeitsaufwand.
Ausleihe
Für die Ausleihe müssen im Bibliothekssystem die Schülerlisten so bearbeitet werden, damit auf einen Blick ersichtlich ist, wer am Lernmittelfonds teilnimmt und wer nicht, sodass die richtigen Bücher ausgegeben werden können.