Monsieur Becker

Französisch

Französisch-Vokabeln laut Schulbuch

Samstag, 13. August 2022

Was denken sich Verlage bei der Einführung von Vokabeln? Und was hat dies für Auswirkungen auf den Unterricht?

Diesen Fragen ist Herr Rau in seinem Blog in Bezug auf Englisch-Vokabeln nachgegangen. Ein interessanter Einblick.

In Ergänzung hierzu ein Blick ins Französischlehrwerk À plus! (Ausgabe ab 2020) von Cornelsen. Es ist neben Découvertes (Ausgabe ab 2020) von Klett eines der beiden großen Lehrwerke für Französisch am Gymnasium. Früher habe ich mit einer älteren Découvertes-Ausgabe gearbeitet, jedoch noch nicht mit der aktuellen, sodass ich hier nicht auf das Klett-Lehrwerk eingehe.

Transparenzhinweis: Ich erstelle für Cornelsen interaktive Aufgaben zum Arbeitsheft von À plus! (siehe den Bereich Veröffentlichungen).

Struktur des Lehrbuchs

Die Bände 1 bis 3 von À plus! sind in ihrer Grundstruktur gleich aufgebaut: Es gibt fünf Unités mit einem ersten Abschnitt namens „Vocabulaire“, in dem der zentrale thematische Wortschatz der Unité eingeführt wird. Es schließen sich zumeist drei Volets an (in den Bänden 1 und 2), im Band 3 nur noch zwei Volets. Dazu gesellen sich noch Modules, die mitunter ein Thema, ein Grammatikphänomen und dazu passenden Wortschatz außerhalb der Unité aufgreifen.

Ich nutze diese vorgegebene Einteilung („Vocabulaire“/Volets/Module) ganz gern für meine wöchtenlichen Vokabeltests (das ist überhaupt keine Freude zum Korrigieren). In etwa 25 Vokabeln gibt es pro Abschnitt, eine in sieben Tagen gut schaffbare Menge, zumal ich sonst so gut wie keine Hausaufgaben aufgebe. Außerdem gibt es über das gesamte Schuljahr eine ausreichend hohe Menge an Tests, sodass man auch mal nicht lernen kann, wenn irgendwas dazwischen kommt.

Der Rhythmus der Vokabeltests passt auch inhaltlich ganz gut zur jeweiligen Volet. In den Klassen 7 und 8 haben die Schüler:innen bei uns vier Stunden Französisch, in Klasse 9 drei. Es bleibt genug Zeit, zu sprechen, zu hören, zu schreiben, zu lesen, zu sprachmitteln.

Zu meiner unterrichtlichen Praxis passt das Vorgehen des Lehrbuches ganz gut. Beziehungsweise ich habe mich gut angepasst.

Desiderata

Zum Abschluss formuliert Herr Rau einige Wünsche an Schulbuchverlage:

In Grammatikteilen grundsätzlich keine Vokabeln.

Dies ist bei À plus!, sowohl in der aktuellen wie in der vorherigen Ausgabe, so umgesetzt. Während in Englisch die Schüler:innen häufig einen größen Wortschatz haben als das Lehrbuch es vorsieht, ist es bei Französisch weniger oft der Fall, sodass neue Vokabeln, die plötzlich in Übungen auftauchen und nicht direkt übersetzt oder semantisiert werden, tatsächlich ein Hindernis darstellen.

Nur so viel neue Pflichtvokabeln pro Text, wie in 1 oder 2 Stunden machbar. Dazu scheint mir die Unterscheidung in Lern- und andere Vokabeln sinnvoll, aber was weiß ich.

Unbedingt! Für meinen Geschmack ist das bei À plus! gelungen.

In der Liste Vokabeln zu einem Text nach Themen gruppiert und nicht streng chronologisch.

Das wird schon im Ansatz umgesetzt. Ein Beispiel: Im Vokabelverzeichnis von Band 2, Unité 1, Volet 2 (S. 177f.) gibt es einen Themenblock „Décrire le chemin | Den Weg beschreiben“, in dem zuerst die bereits bekannten und dann die neuen Vokabeln herausgelöst aus der chronologischen Reihenfolge zusammengestellt sind. Der restliche Teil der Vokabeln ist hingegen wieder chronologisch.

In der folgenden Volet (S. 178f.) gibt es Bahnhofsvokabular und einige Verben auf -dre, die auch chronologisch und nicht thematisch bzw. nach grammatischem Schwerpunkt gruppiert werden.

Überhaupt Vokabeln mehr thematisch gruppieren, notfalls auch Vokabeln, die eben nicht im aktuellen Text steht: Wieso in einem Text “pork” und “beef” lernen, aber “meat” erst in einem späteren Text? Wieso “Französisch”, “Franzose”, aber nicht gleich: “Frankreich”? Warum “get on the bus” als Lernvokabel, aber nicht gleich “get off the bus” mit?

Auch dies ist eine sehr nachvollziehbare Forderung. Ich verstehe einerseits aus Verlagssicht, dass man den Lernwortschatz nicht deutlich vergrößern möchte. Andererseits funktioniert unser mentales Lexikon durch Relationen wie Oberbegriff–Unterbegriff (Hyperonym, Hyponym) und Gegensatzpaare (Antonyme).

Vielleicht wäre es ein Zwischenweg, diese wortschatzlückenfüllenden Vokabeln als Nicht-Lernwortschatz zu ergänzen. Dies wäre auch eine zusätzliche Binnendifferenzierung, denn je nach Lerner:in bleibt der „Aufbauwortschatz“ hängen, wird aktiv mitgelernt oder zugunsten des „Kernwortschatzes“ zurückgestellt. (Gegebenenfalls wird auch alles ignoriert.)

In Vorbereitung auf Klassenarbeiten lasse ich Schüler:innen gern Wortschatznetze (associogramme oder carte mentale) erstellen. Neben der schreibenden Wiederholung der sprachlichen Mittel erhalte ich auf diese Weise leicht verdiente „sonstige Noten“. Die Schüler:innen haben bisher immer ein Heftchen von mir erhalten, in dem der thematisch relevante Wortschatz bereits aufgeführt ist, sodass sie ihn nur noch nach eigener Vorliebe strukturieren mussten. Um mir die Druckkosten zu sparen, habe ich als Ferienprojekt begonnen, dieses Heftchen zu digitalisieren, hier ein Beispiel zu den Räumen (bzw. Zimmern) in der Wohnung. Auf vocabulaire.de versuche ich, Wortschatzlücken als zusätzlichen Wortschatz zu schließen.

Noch mehr kontrastives Vorgehen bei den Vokabeln: “To declare” mit Beispielsatz als “erklären” übersetzt, da muss man doch auf “to explain” eingehen. “To drive” als “fahren”, ohne zu erklären, was man mit diesem Wort fahren kann (Auto, Ochsenkarren) und was nicht (Fahrrad).

Auch diese Forderung ist wichtig, insbesondere da man nicht davon ausgehen kann, dass sich jede Lehrperson der Unterschiede in dem Maße bewusst ist, dass dies ein Problem für Schüler:innen darstellt.